Kirgistan 97 - eine Reise wert
ein Reisebericht über Kirgistan
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Kaindy-Tal und Kaindy-Gebirge

Kaindy-Gebirge

Am späten Nachmittag...

In der Nacht...

Sonntag, 28.9.
Ich habe das erste Mal in 3500m Höhe übernachtet, noch dazu in einem Zelt. Nach dem Frühstück messe ich um 7 Uhr mit meinem Thermometer -2° C. Es schaut wieder nach einem wunderschönen Tag aus.
Wir reiten heute zu dem Kessel, wo Hans gestern seinen Steinbock erlegt hat. Nachdem aber Oklik und Taalai keine Tiere erblicken, geht es weiter in Richtung Osten. Taalai, der ja immer zu Fuß unterwegs ist, hat einen Steinbock in einer Schlucht entdeckt. Die zwei kirgisischen Jäger und Johann pirschen daraufhin in diese Schlucht, der Rest der Gruppe wartet an einer Stelle, von der aus die Schlucht nicht eingesehen werden kann. Wir erleben einen richtig schönen strahlend blauen Sonntagmorgen. Am Himmel beobachten wir die Adler, die ihre Kreise ziehen. Zwölf Adler zählen wir einmal am Himmel.
Plötzlich kracht ein Schuß. Seit uns die Jäger verlassen haben, ist eine halbe Stunde vergangen. Sascha geht cirka hundert Meter hinunter, von wo er die Schlucht einsehen kann. Nach einiger Zeit deutet er uns. Mischa der bei uns wartet, gibt uns zu verstehen, daß Johann nicht getroffen hat. Als die drei zurückkommen erzählt Johann, daß er drübergeschossen hat. Im nachhinein stellt sich dann heraus, daß es dabei zu einem Mißverständnis zwischen den Führern und Johann über die Entfernung gekommen ist. Statt der von Oklik geschätzten 250 Meter hat Johann 350 Meter verstanden und daher den Schuß wesentlich höher angetragen.
Da es jedoch erst 10 Uhr vormittags ist, ist der Tag noch nicht verloren. Wir reiten ein Stück weiter ostwärts. In einer Rinne beziehen wir unsere Stellung mit Mischa. Taalai und Sascha wollen den Berg östlich von uns von der uns abgewandten Seite besteigen. Sie hoffen, daß die Tiere, die sich in dieser Umgebung befinden, in unsere Richtung „flüchten" werden. Nach etwa zwei Stunden erfolglosen Wartens brechen wir das Ganze ab und kehren zur Stelle zurück, wo wir die Pferde gelassen haben. Da es in diesem Gebiet keine Bäume gibt, wo man die Pferde anbinden könnte, werden ihnen hier die Vorderfüße zusammengebunden. Trotzdem sind die Pferde etwa einen Kilometer von diesem Punkt entfernt, als wir zurückkehren. Die haben mit diesem „Handikap" eine Fortbewegungsart entwicklet, die an Känguruhs erinnert. Nachdem wir unsere Spring-Pferde also wieder eingefangen haben, reiten wir zurück zum Lager 2. Nach dem Essen sagt uns Mischa, daß wir zum Lager 1 zurückkehren werden. Nachdem die Zelte abgebaut und unsere Sachen gepackt sind, reiten wir um etwa 5 Uhr los. Um ½ 7 Uhr, wir sind nicht mehr sehr weit vom Lager 1 entfernt, fragt Mischa, ob zum Basis-Camp zurückreiten wollen. Wir müßten aber mit einem Ritt bis etwa 10 Uhr abends rechnen. Wir stimmen ein.
Als wir beim Lager 1 vorbeikommen, dämmert es bereits. Wenig später treffen wir auf Taalai, der mit seinem Motorrad, das er gestern im Lager zurückgelassen hatte, voraus in das Basis-Camp fahren sollte. Leider ist die Scheinwerfer-Lampe kaputtgegangen, und ohne Licht gibt es hier auf einem Motorrad kein Weiterkommen. Noch dazu ist heute Neumond, sodaß wir nur durch das Licht der Sterne den Vordermann erkennen können - soferne er nicht weiter als fünf Meter entfernt ist. Immer wieder sehe ich ins „Schwarze" und kann nur erahnen, daß es hier steil bergab gehen muß. Zu meinem Glück habe ich in den letzten Tagen soviel Vertrauen zu meinem Pferd gefaßt, daß ich die Zügel locker halte. Es sieht offensichtlich weitaus besser als ich. Trotzdem, würde Mischa uns jetzt nocheinmal fragen, unsere Entscheidung wäre nicht mehr so eindeutig.
Johann, der von Oklik und Mischa begleitet wird, bleibt immer weiter hinter uns. Taalai, der Sascha, Hans und mich zu Fuß hinauf auf den Paß geführt hat, ist oben so erschöpft, daß er sich auf den Boden legt. Wir reiten mit Sascha weiter. Entfernt sehen wir bereits die Lichter des Camps. Es vergehen keine fünf Minuten und wir müssen stehenbleiben. Sascha, der nicht von hier ist, ist vom richtigen Weg abgekommen. Auf das Pfeifen von Sascha hören wir keine Reaktion. Zufällig habe ich eine Signalpfeife mit, aber auch darauf reagiert niemand. Wir versuchen einen anderen Weg, nach hundert Metern bleibt Sascha wieder stehen. Als Draufgabe zu unserer Situtation merke ich, daß ich einen Handschuh, den ich bei der Suche nach der Pfeife ausgezogen hatte, verloren habe.
Gott sei Dank findet uns Oklik wenig später. Es liegt noch immer eine Stunde vor uns, sollten wir tatsächlich um 22 Uhr das Camp erreichen. Wir kommen zu einem Grat, der etwa vier bis fünf Meter breit ist und so steil abwärts führt, daß die Pferde einen ZickZack-Kurs wählen. Rechts und links vom Grat sehe ich nur schwarz, trotzdem steuert mein Pferd zielsicher den Abgrund an, um einen halben Meter davor eine Kehrtwendung zu machen. In diesem Moment denke ich, das Zusammenbinden der Vorderfüße ist sicher ein gutes Training, um sich so sicher in dieser Umgebung zu bewegen. Tierschützer dürften hier jedoch anderer Meinung sein...
Kurz vor dem Camp müssen wir noch den Fluß Kaindy durchqueren. Ich spüre Wasser an meinen Bergschuhen, kann aber in diesem Moment nicht sagen, ob Wasser in meine Schuhe eingedrungen ist, da meine Füße schon seit etwa zwei Stunden ein naßkaltes Gefühl verspüren. Einige Minuten nach 22 Uhr erreichen wir tatsächlich das Camp. Ein langer Tag geht nach Abendessen und anschließendem Zusammensitzen erst nach Mitternacht zu Ende.
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