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Montag, 29.9.
Für uns und die Pferde ist heute freier Tag. Um neun Uhr
gibt es das bekannt gute Frühstück von Anja. Danach
wird das Badehaus eingeheizt, wo wir uns vom Schweiß und
Staub der letzten Tage befreien können. Nach dem
Mittagessen unternehme ich eine Wanderung zum Flußbett
des Kaindy, dorthin, wo wir ihn letzte Nacht durchquert
haben. Ansonsten gibt es heute keine Gelegenheit, die
Kalorien, die wir mit den üppigen Mahlzeiten zu uns
nehmen, zu verbrauchen. Ich fürchte, aus der Hoffnung,
mit weniger Gewicht nach Hause zu kommen, wird die
Gewißheit, daß es mehr sein wird.
Dienstag, 30.9.
Johann hat schon sehr zeitig in der Früh mit drei
Jägern und dem Dolmetscher Marupchan das Camp verlassen.
Sie wollen es noch einmal woanders versuchen. Hans und
ich erkunden nach dem Frühstück zu Fuß die nähere
Umgebung des Camps. Zweimal stoßen wir auf einen Hasen,
der sich durch uns in seiner Ruhe gestört fühlt und
flüchtet.
Zumittag wieder das gleiche "Drama": Essen
abzulehnen ist unhöflich, also essen wir, egal wieviel
auf den Tisch kommt. "Eiernockerlsuppe" mit
Kartoffeln und Fleischeinlage, als Hauptspeise Faschierte
Laibchen (für unsere deutschen Leser sind das
Frikadellen) mit Püree und Krautsalat. Von diesen
Anstrengungen müssen wir uns natürlich bei einem
Mittagsschläfchen erholen.
Es wird bereits dunkel, als die Jäger wieder
zurückkehren. Leider hatten sie kein Glück.
Nichtsdestotrotz ist für heute abend zu unseren Ehren
ein Bankett angesetzt. Um 20 Uhr werden wir in das Haus
von Oklik gebeten, wo im Raum, in dem sonst
offensichtlich die ganze Mannschaft schläft, ein tolles
Büffet bereitsteht. Wie es sich in einem asiatischen
Land gehört, natürlich nicht auf einem Tisch sondern am
Boden. Mehlspeisen, Obst, Nüsse und Getränke stehen
bereit. Doch davor gibt es noch zwei Gänge mit
Fleischspeisen.
Ein schöner Abend mit gastfreundlichen Menschen geht
nach reichlichem Essen, Trinken, Tanzen und Reden um 1
Uhr zu Ende.
Mittwoch, 1.10.
Als ich aufwache, erfahre ich, daß Johann nocheinmal mit
Oklik, Taalai und Marupchan sehr zeitig in der Früh das
Camp verlassen hat. Die beiden Führer sind sehr bemüht,
dem Gast unter allen Umständen den Jagderfolg zu
verschaffen. Zum einen hängt wahrscheinlich ihr Lohn
teilweise vom Erfolg ab, zum anderen ist es aber auch
eine Ehrensache, so habe ich zumindest das Gefühl.
Hans und mir hat Oklik für heute zugesagt, daß wir
einen kleinen Ausritt machen können. Da wir seit zwei
Tagen nicht mehr geritten sind, freuen wir uns schon
darauf. Wadim, der Sohn von Mischa, dem Chef-Jäger,
begleitet uns. Die zwei Stunden, die unser letzter Ritt
hier in Kirgistan dauert, vergehen leider viel zu
schnell.
Es ist geplant, daß wir am Nachmittag das Camp verlassen
und zurück nach Karakol fahren, um dort im Hotel zu
übernachten. Am Donnerstag steht dann die Fahrt von
Karakol entlang des Yssyk-Kul Sees nach Bischkek, der
Hauptstadt Kirgistans, und dann weiter nach Almaty auf
dem Programm. Für diese Strecke von etwa 700 km würden
wir den ganzen Tag benötigen. Diese Route ist zwar
wesentlich länger als die, auf der wir angereist sind,
allerdings sieht man natürlich auch mehr vom Land.
Nach dem Mittagessen packen wir unsere Sachen und warten.
Von Zeit zu Zeit fragen wir Sascha oder Wadin, die
einzigen Männer, die noch im Camp sind, wie es ausschaut
- wann das Auto kommt. Sie wissen es leider auch nicht.
Am späteren Nachmittag sagt uns Wadim, daß Johann
möglicherweise direkt von der Jagd nach Karakol gebracht
wird.
Um 19 Uhr kommt endlich der Lastwagen, der uns von hier
wegbringen wird. Doch an eine Fahrt über 180 km, die mit
dem LKW auf diesen Straßen an die sechs Stunden dauert,
ist heute nicht mehr zu denken. Wir packen also unsere
Schlafsäcke wieder aus und sind leicht verärgert, da
unser ganzer Zeitplan über den Haufen geworfen wird.
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